So heißt der Debütroman der Gonsenheimerin Elena Fischer

Vor 1½ Jahren suchte Elena Fischer über nebenan.de einen Babysitter für ihren kleinen Sohn. Da er im selben Alter war (1 Jahr) wie mein Enkel, der leider in Hamburg wohnt, fand ich das Angebot reizvoll und einen kleinen Zuverdienst auch nicht schlecht. Wir fanden uns sympathisch, es ging darum, dass sie einmal in der Woche ein paar Stunden kinderfrei brauchte.
Der Anfang war etwas schwierig, Mateo ließ seine Mama nicht aus den Augen, aber nach und nach fand er das Spielen mit mir ganz nett und Elena konnte für eine Zeitlang in ein anderes Zimmer verschwinden. Es stellte sich heraus, dass sie dabei war, ihren ersten Roman zu überarbeiten.
Nun ist der Roman fertig, er erschien am 23.08. im Buchhandel. Aber wie hat es angefangen?

paradise gardenElena: Ich habe eigentlich immer schon geschrieben, mit 11 oder 12 Jahren habe ich begonnen, Tagebuch zu schreiben. Ich habe es geliebt, Schulaufsätze zu schreiben, ich habe gemerkt, dass ich das kann und dass ich dafür Anerkennung bekomme.

Marlene: Hattet ihr eine Schülerzeitschrift?
Elena: Da habe ich nicht so intensiv mitgearbeitet, aber ich war auf jeden Fall dabei, die wurde von meiner Deutschlehrerin betreut. Meine erste längere Geschichte habe ich mit 17 geschrieben, die habe ich ihr gegeben und sie hat sie lektoriert.

Marlene: Hast du da Verliebtheiten verarbeitet oder sowas?
Elena: Ja. Aber ich glaube, ich habe erst um die Abizeit herum angefangen so wirklich literarisch zu schreiben. Dann habe ich mich für Studiengänge “Kreatives Schreiben“ in Hildesheim und Leipzig beworben und bin da abgelehnt worden.

Marlene: Weißt du warum?

Elena: Ich glaube, die haben das nicht begründet, ich erinnere mich nicht mehr daran. Und dann habe ich jahrelang nicht mehr geschrieben, habe mein Studium durchgezogen.

Marlene: Das hast du in Mainz gemacht. Was hast du studiert?
Elena: Filmwissenschaft und Vergleichende Literaturwissenschaft (Komparatistik). Da war ich so beschäftigt mit meinen ganzen Hausarbeiten. Ich war auch mit mir selber beschäftigt, dass ich ans Schreiben keine Gedanken verschwendet habe. Es war nur so ein leiser Schmerz im Hintergrund, dass ich daran gescheitert bin, was aber andere entschieden haben. Ich habe das gar nicht in Frage gestellt, sondern dachte, ich bin halt nicht gut genug. Aber ich habe Neidgefühle gehabt, wenn ich gute Bücher gelesen habe. Eines Tages habe ich beschlossen, wieder zu schreiben, egal ob jemals jemand was von mir lesen will oder nicht.

Marlene: Hast du immer Geschichten im Kopf gehabt?
Elena: Zu dem Zeitpunkt gar nicht, also eigentlich habe ich Erlebnisse aufgeschrieben. Bis ich dann irgendwann Ernst gemacht habe und dieses Prosa Studium bei der Textmanufaktur Leipzig in Angriff genommen habe. Das ist eine Autorenschule, bei der ich gleich ein gutes Gefühl hatte. Man zahlt ordentlich dafür, aber man kriegt einen Lektor zur Seite gestellt, dem schickt man einmal im Monat einen Text, zu dem er dann ein Gutachten schreibt. Ich habe unglaublich viel gelernt dadurch. Diese Schule habe ich drei Jahre besucht und in der Zeit habe ich eine erste längere Erzählung geschrieben.

Marlene: Und dann hast du beschlossen einen Roman zu schreiben?

Elena: Ich wollte mich einfach an der Langform probieren, ich sah es als Herausforderung. Aber auch, weil ich Lisa Keil kennenlernte, eine etablierte Schriftstellerin beim Fischer Verlag. Wir haben Schreibtreffen gehabt, teilweise zu dritt. Eine Erzählung von mir hat sie an ihre Agentin geschickt, einfach mal zum Gucken. Die Resonanz war, dass ich Potenzial habe, aber dass der Stoff noch nicht genug knallt. Mir war dann klar, ich komme da mit einer Novelle nicht weiter.

Marlene: Du hast dich bei der Textwerkstatt Darmstadt beworben?
Elena: Da wurde ich abgelehnt. Dann habe ich mich ein zweites Mal beworben mit genau den gleichen Texten, nur in einer anderen Reihenfolge. Und wurde angenommen. Ich war halt verzweifelt, weil ich nichts anderes hatte. Ich hatte keinen Bock noch mal 1000 neue Sachen zu schreiben. Dann habe ich meinen ersten Romanversuch gestartet, der dann komplett zerrissen wurde in der Textwerkstatt. Ich musste mir dann eingestehen, dass ich ihn selber auch schlecht fand. Ich hatte schon 80 Seiten oder so. Im April 2018 habe ich sie weggeschmissen. Und im September 2018 habe ich den ersten Satz von Paradise Garden bzw. das erste Kapitel geschrieben.

Marlene: Das hast du bei diesem Mainzer Wettbewerb eingereicht?
Elena: Ja und ein paar andere Seiten für den open Mike Literaturförderpreis. Mit den Szenen, die ich da verschickt habe, war ich zufrieden. Dann hat es geklappt, ich bin zum open Mike eingeladen worden. Ich habe dort in Berlin gelesen und habe mich zum ersten Mal mit meiner Agentin getroffen. Da war dann schon mein Sohn Mateo dabei, der war neun Monate alt. Als ich sagte, ich habe schon 100 Seiten, ist sie fast vom Stuhl gefallen.
Die habe ich ihr geschickt und sie war ganz begeistert. Wir haben uns ausgetauscht, es ging darum, ob wir zusammenarbeiten können, ob ich in der Lage bin, meine eigenen Texte zu reflektieren, wie offen ich für Änderungen am Text bin und so weiter.
Zwei Wochen später hat sie mir einen Vertrag angeboten. Das hat sich als Glücksgriff herausgestellt. Dann habe ich den Roman erstmal zu Ende geschrieben über den Winter, wirklich mit Hochdruck. Ich habe dann jeden Tag geschrieben, wenn mein Mann nach Hause gekommen ist.
Sie hat dann alles gelesen und fand’s gut, trotzdem musste noch etwas an der Struktur geändert werden, es war wirklich gut, dass ich sie hatte. Ich habe mir einen neuen Einstieg in den Roman überlegt, habe mit einem Schreibprogramm den Roman in Szenen zerstückelt und dann hin- und her geschoben. Es war echt viel Arbeit.

Marlene: Dann kam ich ins Spiel?
Elena: Das war die Idee, die ja erst nicht so geklappt hat. Aber inzwischen geht das ja prima mit dir und Mateo. Meine Agentin hat den Roman an mehrere Verlage geschickt, die sich überboten haben. Nun bin ich sehr glücklich mit dem Diogenes Verlag. Gerade hat das ZDF im heute journal darüber berichtet, der SWR hat sich interessiert, er ist gerade für den Deutschen Buchpreis nominiert worden und für den 16. September hat die Buchhandlung seite 36 eine Buchpremiere im Gonsenheimer Rathaus organisiert.

 

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